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#06 Auf'n Kölsch: Ines Imdahl - Tiefen-Psychologin

Ich treffe eine aufgeweckte Diplom-Psychologin, 

die es tatsächlich schafft, Berufserfolg und Großfamilie mit vier eigenen Kindern ohne Schaden unter einen Hut zu kriegen. Dazu ist sie attraktiv, zuhörend und zupackend ... wauh!  Zur Vita von > Ines Imdahl > ein paar Links > am Ende des Gesprächs. 

 

Vorab muss ich erkennen ...

Psychologie ist keine Psychiatrie. Psychiatrie ist eine medizinische Fachdisziplin der Seelenheilkunde. Psychologie hingegen ist die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen. Diese sehr dehnbare Definition schließt alles ein, was der Mensch ist, denkt, fühlt und im Handeln ausdrückt. 

 

Aber was zum Teufel ist dann Tiefenpsychologe ...? 

Die zentrale Vorstellung der Tiefenpsychologie ist, dass „unter der Oberfläche“ des Bewusstseins in den Tiefenschichten der Psyche weitere, unbewusste Prozesse ablaufen, die das bewusste Seelenleben stark beeinflussen (Wikipedia). 

 

Frau Imdahl, braucht die Welt Tiefenpsychologie ...?

Ja unbedingt! Die Welt braucht Tiefenpsychologie. Eine elementare Frage ist etwa, warum tun Menschen Dinge, obwohl sie wissen, dass sie schädlich sind, wie beispielsweise rauchen. Die offensichtliche Widersprüchlichkeit des menschlichen Handelns hat mich immer fasziniert. Ich will sie verstehen, den Dingen auf den Grund gehen. Denn das ist der Hebel, um Menschen zu bewegen, sich anders zu verhalten – gesünder zu leben, klimagerecht zu handeln usw.

 

Muss man denn alles verstehen … ?!

Nein, muss man nicht. Aber die Unternehmen, Verbände und Institutionen, die uns, den rheingold salon, beauftragen, kommen mit herkömmlichen Ansätzen nicht weiter. Wir helfen ihnen dabei, ihre Kunden besser zu verstehen, und auf dieser Basis gemeinsam passende Kommunikationskonzepte, Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln. Solche, die die Menschen wirklich erreichen, die sie bewegen und denen sie vertrauen.  

 

Was ist dabei aufschlussreicher für Sie: Taten oder Worte ...?

Wir machen keine Prognosen, wir erforschen das Warum. Ein Beispiel: 51 Prozent der Menschen, die im Discount Billigfleisch kaufen, sind gegen Massentierhaltung. Aber wenn die dann vor dem Fleisch stehen, läuft ihnen das Wasser im Mund zusammen und sie nehmen es mit, statt zu denken: das arme Tier… uns interessieren die Taten, deswegen beobachten wir sehr genau. Aber wir müssen auch fragen und herausfinden, was die Menschen wirklich umtreibt. Das tun wir. Wir hören ihnen zu, stundenlang.

 

Reden tun ja alle gern, aber Machen und Umsetzen bleibt auf der Strecke …

Ja, das ist tatsächlich vielfach der Fall. Was aber niemand davon abhalten sollte, einfach mal den Anfang zu machen und mit gutem Beispiel voranzugehen. Kleine Schritte reichen schon, Widerstände wird’s immer geben, davon sollte man sich nicht vom Machen abhalten lassen. Und wer bestimmt eigentlich, dass man sich zum Handeln immer hundertprozentig einig sein muss? Klassisches Beispiel: Kaum jemand wollte für Plastiktüten bezahlen. 80 Prozent waren dagegen. Jetzt sind sogar 70 Prozent dafür. Was lehrt uns das? Man kann durch Handeln Meinungen ändern. Ja, das kann man wirklich!

 

Stadt Köln im Handlungs-Desaster, wie helfen Sie möglichst 1, 2, 3 …

Nee, 1, 2, 3 geht gar nichts, da gibt’s keine Zauberformel. Veränderung ist anstrengend und tut weh. Das muss auch weh tun. Tiefenpsychologie kann dafür sorgen, dass man das einigermaßen versteht. In drei Monaten Superstar, das geht zwar tatsächlich, aber das hat überhaupt keinen Bestand. Nein, Veränderung ist ein Marathon, kein Sprint. Es ist schmerzhaft, es ist nicht umsonst. Kurzum:  So 1, 2, 3 lässt sich nachhaltig nichts bewegen, was zuvor in vielen Jahren entstanden ist. Weder bei der Stadt Köln noch beim Klimaschutz. Aber wir müssen jetzt anfangen, heute und sofort: Jeder einzelne Schritt zählt. 

 

Wie erziehen Psychologen ihre Kinder?

Wie alle anderen - quatsch! (lacht). Mein Mann und ich, wir sind ja beide Psychologen. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich, wie bei jedem Elternberuf. Wir sind sicher etwas strenger als andere, wir hinterfragen viel. Klar, wir haben auch mal Streit. Aber die Kinder merken, dass wir nicht lockerlassen. Das ist sehr wichtig, dieses Follow-up, in der Erziehung wie auch bei der Arbeit in unserem Büro. Eine Anordnung ohne Follow-up geht schief. In der Politik sowieso. Meine Tochter, gerade 16, sagt heute rückblickend: „vieles fällt mir leichter als anderen, die immer alles durften, aber nun kaum etwas auf die Kette kriegen.“ Offensichtlich haben wir einiges richtig gemacht.

 

Unterstützen und fördern – gut oder bremst es die Entwicklung?

Viele Eltern machen es ihren Kindern viel zu leicht, nehmen ihnen viel zu viel ab: Wohnung suchen, Praktikumsplatz besorgen, Zahnarzt anrufen. Bei jungen Arbeitnehmern ist es noch krasser: niemals genug Freizeit, niemals genug Urlaub. Sie sind nach einem Jahr noch keine Leistungsträger, aber wechseln schon den Job, werden direkt befördert, kriegen mehr Gehalt und meinen, sie können alles. Sie haben aber noch nie etwas durchlitten. Ohne Durchleiden entwickelt man sich nicht. Wer Kinder so umsorgt, verhindert, dass junge Menschen erwachsen werden.

 

Handy-Klingeln beim gemeinsamen Essen?

No way! Keine Handys bei uns am Tisch, auch keine Zeitung, kein Fernseher, kein Buch, keine Medien. Schwer durchzuhalten, aber da haben wir glasklare Spielregeln: alle Handys ab in die gemeinsame Ladestation, wenn wir zusammen am Tisch sitzen. Und auch abends gilt: ab 22 Uhr kommen wieder alle Handys in die Ladestation. Kein Handy am Bett – das empfehle ich allen Eltern – ohne WhatsApp schlafen die Kinder durch. Auch wir Eltern halten uns dran. 

 

Frauen und Teilzeitfalle ...

Das klassische Modell, die Frau bleibt nach der Geburt zu Hause, weil ER das ja nicht kann. Wer sagt das eigentlich? Die Frau macht dann einen Teilzeitjob, der oftmals einem Fulltime-Pensum gleichkommt, und ihr Arbeitgeber freut sich. Und zu Hause wartet der nächste Fulltime-Job: Kinder und Haushalt, weil der Mann ja Vollzeit arbeitet. Paare sollten entweder beide in Vollzeit arbeiten und auch Kinder und Haushalt teilen. Oder beide gehen in Teilzeit. Heute haben Mitarbeiter viel Macht: Wenn Paare klar sagen, wir kümmern uns beide um Job, Familie und Kinder, müssen die Unternehmen sich danach richten. Auch bei Alleinerziehenden. Ein Gesetz muss her, dass Care-Arbeit auch in eigenen Familien gut bezahlt wird. Automatisch gäbe es weniger Altersarmut, vor allem auch bei den Frauen. 

 

Kann KI dabei helfen? Wer wird Federn lassen?

Warum sollte nicht ein Pflege-Roboter Care-Aufgaben übernehmen? Vieles kann er leichter, schneller, arbeitet 24 Stunden am Tag ohne Pause. KI kann uns auch dabei helfen, Quantitatives extrem schnell zu erledigen, Texte, Zahlen und Berechnungen und sowas. Es trifft also wohl zuerst Juristen, Steuerberater, Autoren und auch Marktforscher. KI wird unsere Welt völlig auf den Kopf stellen. Ähnlich krass, wie einst die industrielle Revolution um 1850. Deshalb: Wir brauchen zügig Regeln, damit KI sich nicht unkontrolliert frei entwickeln kann. Macht schon ein wenig Angst, oder? Nicht zu vergessen: Wer kann das alles kontrollieren?! Vielleicht noch ein Trost: So schnell wird KI wohl kein Klo reparieren können. (lacht)

 

Und wie ordnen Sie KI psychologisch ein ...

Eins darf man nicht unterschätzen, das ist die Berührung. Berührung ist elementar. Wir brauchen drei Umarmungen am Tag, um zu überleben, sechs Umarmungen, um zu leben und zwölf Umarmungen, um zu wachsen. Noch völlig unvorstellbar, dass KI das hinkriegt.

 

Apropos berühren – Ihr Lieblingsthema Karneval. Braucht Karneval auch Regeln ...?

Wir haben doch schon Regeln, zum Beispiel, dass wir mitmachen, dass wir uns verkleiden, uns einhaken und schunkeln, die Lieder mitsingen etcetera. Sind das jetzt schon Regeln oder macht man das einfach? Wie auch immer, wenn man sich daran hält, funktioniert der Karneval eigentlich sehr gut und problemlos. Raum für unkontrolliertes Kampfsaufen und ballermannhaftes Rumgeschubste darf es jedenfalls definitiv nicht geben. Nur so erhalten wir im Kölner Karneval dieses großartige unbeschreibliche Gemeinschaftsgefühl – und schon wieder gerate ich ins Schwärmen!

 

Mehr zur Ines Imdahl ...

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„auf ein Kölsch“

mit Marcellino an der Theke * 13 unschuldige Fragen 

 

Sind Sie ne janz echt Kölsche Mädche ...?

Im Herzen bin ich ne echt Kölsche Mädche. Zwar bin ich erst seit meinem 19. Lebensjahr in Köln, aber ich habe all meine vier Kinder hier zur Welt gebracht. Damit habe ich es doch wirklich verdient, als Kölsche Mädche anerkannt zu werden. Meinen Sie nicht auch? 

             

• Was finden Sie an Köln ganz besonders lebenswert?

Vor allem die Musik auf den Straßen begeistert mich und überhaupt: Die Menschen tanzen hier, sie haben Lebensfreude im Blut, das ist einfach einmalig. Es gibt eigene kölsche Musik, auch viele junge Nachwuchsbands – all das ist großartig. Ein paar mehr weibliche Bands wären allerdings toll, aber das kommt sicher noch. 

 

• Was sollte in Köln ganz schnell besser werden?

Im Verkehr sehe ich eine Menge Optimierungspotenzial. Mehr Fahrradwege und Straßenbahn wären super und vor allem mehr Wege für die Fußgänger. Gerade gibt’s eine spannende neue Studie, die aufzeigt, dass sich die Menschen in Köln am unsichersten fühlen, wenn sie zu Fuß gehen! Da gibt es also noch viel zu tun.

 

• Köln steht für Offenheit und Lässigkeit. Segen oder Fluch?

Für mich auf jeden Fall ein Segen. Ich stamme aus einem kleinen Dorf, persönliche Freiheit war dort ein Fremdwort. Das ist in Köln komplett anders. Die Kehrseite von Köln ist allerdings: wir sind zwar offen, lässig und beweglich, was aber leider nicht heißt, dass wir viel bewegen. 

 

• Wo würden Sie am liebsten leben, wenn nicht in Köln? 

Dauerhaft ist das für mich schwer zu sagen. Ich mag Hamburg und New York, auch Havanna, aber dauerhaft? Wenn‘s Deutschland sein soll, dann definitiv Hamburg. 

            

• Entspannung pur heißt für Sie?

Entspannung gibt’s in meinem Leben recht selten. Ich habe ein Unternehmen und vier Kinder, da ist immer viel zu tun. Runter kommen kann ich beim Lesen, bei einer Massage, bei ein bisschen Sonne und abends vielleicht mit einem Glas Weißwein. 

 

• Menü oder Tellergericht?

Beides. Mit den Kindern Tellergericht, klar. Und wenn Zeit ist am Wochenende gern auch mal ein Menü, aber mehr als 3 Gänge muss nicht sein. Die 10-Gänge-Zeit ist irgendwie vorbei. Eine tolle dritte Variante: Mein Mann kocht 😉

 

• Hand aufs Herz: Bei was werden Sie mal richtig schwach?

Beim Karneval. Ich werde schon Tage vorher unruhig, mich zieht es raus, vor allem auf die Straße. Sitzungen sind eher nicht mein Ding. Ich muss auch nicht viel trinken, mir geht’s um die Musik, die Menschen, das Schunkeln und einfach darum, Freude zu haben. Da werde ich so richtig schwach. 

 

• Das größte Glück Ihres Lebens ist?

Außer Mann und Kinder? Dass mich Menschen, für das Einzige, was ich kann, bezahlen und das ist Psychologie. Ich kann nichts anderes. 

 

• Sie haben einen Wunsch frei - was wählen Sie?

Ich würde gern zaubern können. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man sich etwas anderes wünschen kann!

 

• Sie müssen heute mit Ihrem Job aufhören, was würden Sie danach machen?

Genau das Gleiche: Psychologie. Bücher über Psychologie könnte ich dann ja schreiben, vielleicht mit mehr Social Media-Begleitung.

 

• Was wünschen Sie sich für 2024?

Dass von der Klima-Konferenz ein richtig starkes Signal in die Welt geht, mal ohne kleinstem gemeinsamen Nenner. Wir werden das 1,5 Grad-Ziel nicht erreichen, das ist jetzt schon klar und bei 3 Grad sind 70 bis 80 Prozent der Erde für uns Menschen nicht mehr bewohnbar. Die Zeit läuft. 

 

• Was Jeckes zum Schluss: Angenommen Köln wäre pleite. Einzige Rettung: der Dom muss komplett pink werden. Die ganze Welt kommt gucken. Köln wird reich. Alle Probleme sind komplett weg! Wären Sie dafür oder dagegen? 

Was für eine lustige Vorstellung. Ich hatte noch nie was gegen pink! Und natürlich wäre ich dafür, denn wenn wir dann so reich sind, dann könnten wir den Dom auch wieder so machen, wie er einmal war!

 

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