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#1 Brutale Schläge & Null Taschengeld

Proskau Polen, Flüchtlingslager Friedland und Rheine, Coesfeld Westfalen, Münster Wolbeck, kein Taschengeld, Schülerarbeit, Ferienarbeit, Dachdecker, Zeitungsbote.
Krass brutales Elternhaus und kein Taschengeld. Nicht mit mir!

Und so fing alles an ...

1953: Brutale Schläge haben meine frühen Jahre geprägt. Bestrafungen für nichts wie aufgeschlagene Knie, harmlose Doktorspiele oder den Teller nicht leer gegessen. Aber nach außen die heile Familie des hoch angesehenen Arztes und Krankenhaus-Direktors. Das hinterläßt Spuren. Schon als kleines Kind hab ich mir geschworen - damit ist Schluss, sobald ich mich wehren kann. Das war schon bald.

 

Und Taschengeld gabs auch nicht. Wozu auch? Der Junge hat doch alles, was er braucht. Nein, hab ich nicht. Und alles, was ich hab, gefällt mir gar nicht.

Was also tun? Nicht lange grübeln, sondern etwas tun. Gleich!

 

Macht Arbeit!

Der erste Job in Coesfeld/Münsterland 1970 war Zeitung austragen - ich war gerade 11. Morgens um fünf! Uhr, noch vor der Schule. Der nächste Job: Einkäufe mit dem Fahrrad zustellen für ne Drogerie. Die Bezahlung war schlecht. Weinger als 'ne Mark/Stunde. Etwas mehr gabs beim Restaurator. Und immerhin schon 1,55 Mark/Stunde in der Ziegelei fürs Steinepacken - hammerhart. Aber am besten zahlt der Dachdecker. Ferienanfang - ich also hin und da standen wir 4 Schüler auf dem Hof zur Begutachtung durch den Chef. "Wer hat mir denn diesen Pimpf hier angeschleppt", schreit der alte Kestermann seine Leute an. Er meinte mich. Ich die Hände in die Hüfte und mit Piepsstimme: "Bin kein Pimpf, kann richtig malochen ...". "Soso ... das wollen wir doch mal sehn ... kannst mit dem "Stift" Peter hier den Lkw mit Bleirollen abladen. Wennste morgen noch stehen kannst, nehm ich dich!" ("Stift" nannte man damals einen Auszubildenden)

 

Der Bursche ist zäh!

Joooh man! Eine Rolle Walzblei wiegt ca. 40 kg. Auf dem LKW mit Anhänger waren ca. 350 Rollen. Weißt Bescheid? Und ich gerade 13 Jahre und von der Statur tatsächlich noch voll der Pimpf. Der Dachdecker-Stift mustert mich von oben bis unten, gibt mir Handschuhe und zeigt mir, wie's geht und wohin mit den Rollen. Dass ich nach einer Stunde nicht tot umgefallen bin war ein wahres Wunder. Am Abend torkel ich nach Hause die Treppe hoch in mein Zimmer. Und quer auf dem Bett bin ich nächsten Morgen aufgewacht, ungewaschen und hungrig. Alles erledigt, zack zack und schlepp mich zum Kestermann. Und der: "Ich glaub et nich, ist der Bursche zäh ... zu bleibst!" Damals, 1972, zwei Mark fünfzehn die Stunde ... der Himmel auf Erden. Und das Dach wurde mein Spielfeld. Ich hab es geliebt vom ersten Augenblick an. Ich wollte sogar bei Regen nach oben. Aber das ging nicht. Trotzdem gabs Geld mit Abschlag: hieß "Schlechtwetter-Geld".

 

Und das Gymnasium wurde immer nerviger: Was soll ich mit Latein und Chemie. Ich will richtig was machen, das Ergebnis sehn und auch richtig was in der Tasche haben. Hatte ich jetzt und alles sauber in einem kleinen Notizbuch mit karierten Seiten notiert. Super Gefühl der ersten Unabhängigkeit - yesss!

 

Kernfrage: Was ist besser für die Entwicklung unserer Kinder, Strenge oder Pampern? Taschegeld und Ferienjobs ja oder nein?

Freu mich auf Dein Feedback!

 

Und so gehts weiter: Ich will noch mehr: mehr Unabhängigkeit und noch mehr Kohle.

Es wird turbulent ... nächsten Sonntag ... hier!

 

 

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